Haig klettert aufs Podest - Lopez gibt auf

Champoussin behält im Chaos den Überblick

Auf dem Papier wirkte die letzte 202 Kilometer lange Bergetappe der Vuelta a Espana eher harmlos. Viele kleine Hügel, vier Bergwertungen, mit dem Alto de Mougas nur eine der ersten Kategorie, und auch die Schlusssteigung zum Alto Castro de Herville (9,7 Kilometer bei 4,8%) war wenig furchteinflößend. Es sollte eine der verrücktesten Etappen bei dieser Rundfahrt werden. Ineos-Grenadiers mit ihren beiden Kapitänen Adam Yates und Egan Bernal hatte offensichtlich beschlossen Primoz Roglic sowie das Movistar-Duo Enric Mas und Miguel Angel Lopez mit blankem Pilum (*) anzugreifen. Bereits 70 Kilometer vor dem Ende im Alto de Mougas attackierten abwechselnd Yates und Bernal, jeweils mit einem souveränen Roglic am Hinterrad. Mit weitreichenden Folgen war es dann Yates der den entscheidenden Angriff startete. Nur Promoz Roglic, Enric Mas, sowie das Bahrein Victorious-Dou Jack Haig und Gino Mäder konnten folgen. Schnell verlor die Gruppe um Bernal und Lopez, sowie Felix Großschartner Minute um Minute. Miguel Angel Lopez war von der Situation derart frustriert, dass er vor der letzten Steigung vom Rad stieg. Scheinbar versuchte der sportliche Leiter Patxi Vila noch den Kolumbianer zum Weiterfahren zu überreden, in der Tageswertung wurde er nicht mehr gelistet. Das Quintett um Roglic holte bis zur Halbzeit der Schlusssteigung alle Ausreißer ein und begann mit den taktischen Spielchen um den Tagessieg. Keiner konnte sich absetzen. An der 1500-Meter-Marke versuchte es Clement Champoussin aus der ehemaligen Ausreißergruppe. Mit weit aufgerissenen Mund, am sprichwörtlich letzten Zacken, schaffte der  Franzose das Unmögliche und feierte den größten Erfolg seiner Karriere. Wenige Sekunden später folgte Roglic vor Yates, Mas und Haig, jeweils nur durch Sekunden getrennt.
Die Gesamtwertung bekam nach diesem spektakulären Tag ein neues Gesicht. Die Sieger des Tages waren Jack Haig als neuer Dritter, sowie der junge Schweizer Gino Mäder, der hinter Adam Yates jetzt fünfter ist. Der 24-jährige übernahm mit dieser sensationellen Leistung auch das Trikot des besten Jungprofis von Egan Bernal.
Morgen folgt noch das Einzelzeitfahren von Santiago de Compostella, leider sind für uns Radsportfans die Positionen so klar festgelegt, dass es wohl nur mehr um den Tagessieg geht.
 
(*) Römischer Wurfspeer

04.09.2021 - Gerald