Schlauer Piccolo übernimmt Rot

Motivierter Andreas Kron holt den Tagessieg im verregneten Barcelona

So wie gestern nach dem Mannschaftszeitfahren wurde auch heute noch heftig über die gefährlichen Bedingungen und die späte Startzeit des Teambewerbs diskutiert. Ja, es wurde bei den letzten Mannschaften durch den wolkenverhangenen Himmel schon wirklich finster und ja, nach drei Wochen ohne Regen war der Stadtparcours wirklich gefährlich. Doch das ist Radsport und in einer Millionenmetropole wie Barcelona den Kurs einfach noch schnell verändern und die Startzeit (das Mannschaftszeitfahren findet seit Jahr und Tag am Abend statt) kurzfristig verlegen, war wohl kaum machbar. Dass ausgerechnet die Klassikertruppe von Soudal-Quick Step am lautesten kritisierte, ist schon fast Ironie. Das Team, das seit Jahren Fahrten auf staubigen Schotterstraßen durch die Toskana, Fahren über 20% steile Kopfsteinpflasteranstiege in Flandern oder Schlammschlachten über die Paves bei Paris - Roubaix als einzig wahren Radsport predigt. Wirklich aufregen könnte sich Laurens De Plus, für den Belgier war die Vuelta durch einen Sturz schon nach wenigen Kilometern zu Ende.
Die zweite Etappe führte von Mataro, 30 Kilometer östlich von Barcelona in einer Schleife zurück in die Hauptstadt Kataloniens. Aus Sicherheitsgründen beschloss die Jury, die Zeit für die Gesamtwertung bereits 9 Kilometer vor dem Ziel zu nehmen, eine Maßnahme die sich später beim einsetzenden Regen als weise herausstellte.
Die erste Spitzengruppe der dreiwöchigen Rundfahrt bestand ursprünglich aus fünf Mann, nach Defekten und Stürzen blieben zwei Mann übrig. Die wussten zwar, dass sie höchstwahrscheinlich nicht durchkommen würden, doch zumindest einer hatte einen ausgeklügelten Plan. EF Education EasyPost war gestern dritter der Teamwertung und Andrea Piccolo erwies sich trotz der Anstrengung als Rechenkünstler. Der Italiener erreichte mit seinem Begleiter Javier Romo 19 Sekunden vor dem Hauptfeld die imaginäre Ziellinie und schlüpfte damit ins Rote Trikot des Gesamtführenden. Nachdem die Gesamtwertung erledigt war teilte sich das Feld in zwei Teile. Die Motivierten nahmen den Anstieg zum Olympiaberg Montjuic und die folgenden Kilometer im Renntempo in Angriff, der Rest mit allen Gesamtwertungsfavoriten pedalierte locker Richtung Ziel. 3000 Meter vor dem Ende war es Andreas Kron der attackierte. Mit vollem Risiko löste er sich in einer kleinen Abfahrt und wurde für seinen Mut als Solist mit dem Tagessieg belohnt. Das kleine Verfolgerfeld wurde von Kaden Groves, Andrea Vendrame, Andrea Bagioli, Fernando Barcelo, Ivan Garcia Cortina, Romain Gregoire und Lennert Van Eetvelt angeführt.
Leider kam es schon vor der imaginären Ziellinie zu zahlreichen Stürzen. Während Santiago Buitrago den Anschluss gerade noch schaffte, musste Lorenzo Milesi sein Leadertrikot nach einem Tag wieder abgeben. Der junge Italiener kämpfte sich offensichtlich verletzt mit 9 Minuten Rückstand ins Ziel. Hoffentlich kann der 21-jährige morgen das Rennen fortsetzen. Gestern noch ein strahlender Sieger, musste Milesis Teamkollege Oscar Onley heute nach einem Sturz das Rennen aufgeben.

27.08.2023 - Gerald